Dieser Bericht von der Reise nach England zur Krönung von Königin Elisabeth II wurde im Jubiläumsheft anlässlich der 60-jährigen Freundschaft zwischen den englischen und den deutschen Pfadfindern veröffentlicht.

Am 20. Mai 1953 begann unsere abenteuerliche Reise. Mit der „Iserlohner Straßenbahn“ ging die erste Etappe bis Ellenbrecht. Von dort wurden wir durch die Vermittlung unserer Lehrfirma „WURAG“ mit der holländischen Spedition RSK bis zum niederländischen Grenzort Kaldenkirchen mitgenommen.

Per Anhalter ging es weiter über Rotterdam nach Hoek van Holland und auf die Fähre „Königin Emma von Holland“. Nach sechseinhalb Stunden Überfahrt erreichten wir den englischen Hafen Harwich. Trampend kamen wir an diesem Tagabends noch bis Ipswich.

Es war inzwischen dunkel geworden und es fehlte noch eine Bleibe für die Nacht. Was tun? Wir gingen zur Polizeistation und fragten um Rat. Wir waren als 17-Jährige nicht so betucht, um im Hotel zu übernachten. Der „Policeman“ tätigte einige Telefonate, mit folgendem Erfolg: Zwei Polizisten der Station brachten uns mit einem Peterwagen zu einer Familie Dawsen. Mister Dawsen, ca. Mitte 40 und selbst Pfadfinder, empfing uns mit seiner Frau in ihrem Haus sehr freundlich.

Zu unserem Erstaunen bekamen wir jeder ein Gästezimmer zugewiesen, konnten uns frisch machen und wurden zum „Supper“ eingeladen. Zum „Breakfast“ nach gut durchschlafener Nacht, gab es Cornflakes mit Milch, Eier und Speck, Milch, Stuten, Butter und Marmelade. Wir fühlten uns wie im Schlaraffenland!

Mister Dawsen war inzwischen sehr rührig gewesen. Er hatte sehr gute Verbindungen zu den Sea Scouts des 1st Norwich und kannte den Group Scoutmaster E- A. Greenfield sehr gut. Er hatte in Erfahrung gebracht, dass die Sea Scouts des 1st Norwich anlässlich der Krönungsfeier an einem internationalen Pfadfindertreffen „Coronatian Jamboree“ teilnehmen wollten. Wir wurden, obwohl noch unbekannt, dazu eingeladen. Das nahmen wir natürlich dankend an.

Mit einem Empfehlungsschreiben von Mister Dawsen trampten wir nach Norwich. Der Fahrer unserer letzten „Tramp-Limousine“ brachte uns sogar nach „Old Lakenham“, dem Headquater des 1st Norwich. Old Lakenham war ein großes Anwesen mit diversen Nebengebäuden am River Yare gelegen, hervorragend geeignet für Pfadfinder.

Wir wurden vom Group Scoutmaster „Skipper Greenfield“ und einer Abordnung begrüßt. Anschließend holten wir in der City im „Food Office“ unsere Lebensmittelkarten ab, die zu der Zeit in England für den Kauf von Lebensmitteln erforderlich waren. Am nächsten Tag konnten wir uns nützlich machen, denn es ging zum Jamboree in den Sandringham Park.

Mit „Sack und Pack“ auf einem Laster erreichten wir nach zweistündiger Fahrt das Campgelände. Dort herrschte schon ein reges Treiben. Wir bauten gemeinsam die Zelte auf. Nach getaner Arbeit machten wir einen Streifzug durch das Camp. Einige tausend Pfadfinder aus 14 Nationen hatten sich hier zu einer großen Familie zusammen gefunden.

Um 21:00 Uhr war am großen Lagerfeuer die offizielle Begrüßung durch den Chief Scout Lord Rowallan. Als „Germany“ aufgerufen wurde, erhoben sich sieben BDPler, die wir schon bei der Überfahrt kennengelernt hatten, und wir, die beiden DPSGler aus Hohenlimburg. Es war schon ein erhebendes Gefühl.

Noch lange saßen wir am Lagerfeuer. Es wurde gesungen, Abzeichen und Adressen wurden getauscht. Am nächsten Tag kam für uns der schönste Tag unserer dreiwöchigen Englandreise, denn wir wurden zu Ehrenmitgliedern des 1st Norwich ernannt. Eine entsprechende Urkunde wurde uns nach Hohenlimburg geschickt. Hieraus entwickelte sich dann eine enge Freundschaft.

Die Urkunde über die Ehrenmitgliedschaft von Gustav Stefan bei den 1st Norwich Sea Scouts.