Zwanzig Stolpersteine gibt es in Hohenlimburg. Zwanzig kleine Quadrate, in den Boden eingelassen, die erinnern sollen an Menschen, die während der Nazizeit verfolgt, aus ihren Häusern vertrieben, deportiert und ermordet wurden. Zwanzig kleine Steine, die im Laufe der Zeit trüb werden, verdunkeln durch eine Schmutzschicht aus Wetter, Alltagsdreck und Vergessen.
Seit einer Woche glänzen die Steine wieder. Am Abend des 9. November, am Tag des Gedenkens an die Nazipogrome vom 9.11.1938 zogen die Kinder und Jugendlichen der DPSG Hohenlimburg gemeinsam mit Leitenden und einigen Eltern in zwei Gruppen durch Hohenlimburg und Elsey, um die Stolpersteine zu putzen. Dabei hatten sich alle Gruppen, von den jüngsten Bibern im Kindergartenalter bis zu den ältesten Rovern vorher in ihren Gruppenstunden altersgerecht mit dem Thema beschäftigt, die Geschichten der Menschen, deren Steine geputzt wurden, recherchiert und zwei Routen ausgearbeitet, um keinen Stein an diesem Abend ungeputzt zu lassen.
Vor einem Jahr hatten die Pfadis, die 14- bis 16jährigen Jugendlichen des Stammes, nach einer Gedenkstättenfahrt das erste Mal die Stolpersteine in Hohenlimburg geputzt. „Das war eine Initialzündung“, erzählt David. „Die Gedenkstättenfahrt zur Wewelsburg und die darauf folgende erste Putzaktion hat die Jugendlichen sehr bewegt. Sie haben in diesem Frühjahr den Vorschlag in der Stammesversammlung eingebracht, die Steine ab sofort regelmäßig, mindestens einmal im Jahr zum 9.11. zu putzen.“ Timon, Pfadileiter, ergänzt „Gerade in der aktuellen politischen Situation ist es uns extrem wichtig, gegen Extremismus und Hass ein Zeichen zu setzen. Wir vermitteln den Kindern auf altersangemessene Art und Weise von klein auf die Vergangenheit in der eigenen Stadt. Sie wachsen in das Thema hinein und werden so hoffentlich stark gegen Antisemitismus und stumpfe Parolen.“ Dabei ist es den Pfadfindern wichtig, dass es nicht um Schuld geht. „Die Kinder und Jugendlichen, ja wir Leitenden selbst, sind Jahrzehnte nach der Nazizeit geboren. Aber wir tragen wie alle Menschen eine Verantwortung, gegen Verfolgung einzustehen.“
Auch die allerjüngsten Pfadfinder waren dabei. Bereits ab vier Jahren sind die Kinder in der Bibergruppe. Marlene und die kleine Schwester Greta waren mit ihren Eltern bei der Putzaktion dabei. „Es gibt kein zu jung, um Kindern Fragen zu beantworten. Wenn sie mit Themen konfrontiert werden, antworten wir, auch bei schwierigen Themen“, sagt Marlenes Mama. „Deshalb war klar, dass sie dabei sein darf, wenn sie das möchte.“ Und Pfadi Alana (15) bekräftigt „Wir putzen die Steine, damit Menschen immer wieder erinnert werden, dass so etwas nie wieder geschehen darf.“